Büro für Kultur und Technik Vorträge - Seminare - Projekte Prof. Dr. Klaus Kornwachs
Büro für Kultur und TechnikVorträge - Seminare - Projekte Prof. Dr. Klaus Kornwachs 

 

 

Themen

Technikzukünfte, Trends und Folgen

Wie die Technikzukunft konkret aussieht, kann keiner sagen, aber man kann Szenarien erstellen, wie mögliche „Zukünfte“ aussehen könnten. Mögliche Trends kann man in eng umrissenen Bereichen anhand mancherlei Indikatoren vermuten, aber Überraschungen gibt es immer wieder. Ob sich die Verletzlichkeit der technisierten Welt durch kompliziertere Technologie einerseits und der Ablehnung „westlicher Spielregeln“ andererseits (z.B. Menschenrechte, Terrorismus, Klimaschutz) verstärken wird, und ob sich der Gegensatz von Arm und Reich vergrößern oder vermindern wird, bleibt ungewiss.

Es gilt aber als ausgemacht, dass die wichtigsten Innovations- und Investitionsfelder Mobilität, Energie, Gesundheit, Umwelt, Kommunikation und Sicherheit sein dürften.

Frühere Prognosen und deren Trendaussagen halten einem Vergleich mit der heutigen Wirklichkeit selten stand. Ein Vergleich ist jedoch trotzdem reizvoll und lehrreich, denn wir wollen in die Zukunft sehen, weil uns gar nichts anderes übrig bleibt. Vielfach sind Zukunftsaussagen gar keine Vermutungen über Zukunft, sondern Willensbekundungen, wie man die Zukunft gern hätte, sog. Roadmaps. Anhand solcher Roadmaps kann man ablesen, wer welche Zukunft will. Das kann man sehr gut bei den neuesten "technischen Willensbildungen" sehen: Industrie 4.0, Mobile Empowerment, Digitale Fabrik, Vernetzung, Big Data, Smart Cities, Robotics, KI, Kultur 4.0 etc. bis hin zur sogenannten Singularität. Man kann aber auch sehen, dass es Gestaltungsmöglichkeiten gibt: Komplexität von Technologie schließt nicht aus, dass man sie rückbaubar, also reversibel und damit tentativ, also verantwortlich gestalten kann.

 

Die nun zur Zeit andauernde Corona-Pandemie, von der niemand sagen kann, wie lange sie andauert, verschärft die oben genannten Unsicherheiten  massiv. Nun beginnen Bereiche zusammenzuspielen, die man vorher eher getrennt gedacht hat: Demographische Entwicklung, Digitalisierung, globales Wirtschaften, Klimawandel,  Gesundheitssysteme und Verletzlichkeit der Demokratien. Hinter den nicht therapeutischen interventionen dieser Tage, die ja administrative Maßnahmen sind, scheint dieTechnik als Problemlöser zurückzutreten. Aber Test, Entwicklung von Impf- ud Heilstoffen, Umstellungen der Produktionen auf Schutzkleidung und Masken, Entwicklung von Apps zur Warnung vor Infektion, aber auch Überwachung etc. sind schlicht und einfach technisch. Technikgestaltung schmieg sich damit an neue Gegebenheiten an und die Frage der Verantwortlichkeit stellt sich erneut, fordert aber andere Antworten.    

Arbeit im 21. Jahrhundert - Wohin führt uns die Digitalisierung?


Wer mit künstlicher Intelligenz arbeitet,
muss mit natürlicher Dummheit rechnen

 

Inhalt und Formen der menschliche Arbeit haben sich durch die technischen und dadurch wechselseitig ausgelösten organisatorischen und wirtschaftlichen Entwicklungen grundlegend verändert. Herkömmliche Muster der individuellen und gesellschaftlichen Funktion der Arbeit lösen sich auf: Die Möglichkeit zum befriedigenden Erwerb von Einkommen, die Stiftung von Identität durch Arbeit und die soziale Teilhabe bei der Arbeit. Der Stellenwert der Arbeit verändert sich massiv, in welche Richtung sich diese Muster verändern werden, ist umstritten. Kennzeichen moderner Arbeit sind extreme Arbeitsteilung, abrupte Wechsel der Aufgaben und hohe Flexibilisierung sowie die Auflösung der Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit, privatem Lebensort und Arbeitsort. Hinzu kommt eine zunehmende Fokussierung der Arbeit am, im und mit dem Netz. Das führt immer mehr dazu, die eigene, individuelle Biographie als Arbeitsbiographie im Netz zu inszenieren. Die Arbeits-Existenz wird durch die Netz-Präsenz ersetzt.  Durch das massenhafte Datenaufkommen und durch die neuen Möglichkeiten, diese Daten interessegeleitet auszuwerten und zu interpretieren, kommt eine Transparenz des individuellen wie des kollektiven Verhalten im beruflichen wie im privaten Bereich hinzu,  die für die Betroffenen kaum wünschenswert sein kann.

Anhand des Themas zur menschlichen Arbeit kann man auch die Auswirkungen der Technisierung der Arbeit mit ihren Vor- und Nachteilen verdeutlichen. Hinzu kommen die Anforderungen an die Arbeitsorganisation durch die Digitalisierung, durch die demographische Entwicklung und die Globalisierung der Arbeitsmärkte. Eine Diskussion um Arbeit kommt aber letzlich nicht darum herum, die Art und Weise des Wirtschaftens, d.h. wie wir unsere Ökonomie organisieren, kritisch und aufmerksam mit zu diskutieren.

 

Eine aktuelle Vertmutung sei hinzugefügt:  Die Folgen der gegenwärtigen Corona-Pandemie wird die Digitalisierung beschleunigen und den Abeitsmarkt erheblich verändern.

 

Die zweite aktuelle Vermutung: Der Chatbot GBT und seine Nachfolger geben Anlass zu jeder Menge medialer Aufregung. Wenn die ersten Stürme im Medienwald vorüber sind und die "Ware beimKunden reift" wie man so schon sagt, wird man beurteilen können, was die Auswirkungen sind. Die Technik selbst ist nicht neue, die Grundideen hierzu ebenfalls nicht, aber die schiere Masse von verfügbaren Daten als Trainingsmenge scheint so etwas wie ein Umschlag von Quantität in Qualität zu bewirken. Jedenfalls sollten wir bei einer allzu voreilig gestaltungsfreudigen Anwendung bedenken, dass wir nicht nur den Übergang von der Entscheidungsunterstützung zur Entscheidungsersetzung vermeiden, sondern auch die Ersetzung des Begründungswissens für eine Entscheidung nicht einem ChatBot überlassen. 

Wissen für die Zukunft, Zukunft des Wissens

Im normalen Sprachgebrauch verwechseln wir gern Wissen mit Information. Unser Umgang mit Wissen ist aber hauptsächlich bestimmt durch unseren Umgang mit Information. Um Information zu besorgen und zu verstehen, braucht man Zeit – Verstehenszeit. Erst dann entsteht Wissen. Das wird gern vergessen.

Wird der Zuwachs an wissenschaftlicher Information auch zu einem Zuwachs von Wissen führen? Oder geht die Wissensproduktion der Wissenschaft allmählich in die Sättigung, weil wirklich neues Wissen zu erzeugen immer teurer wird?

Wir verlieren ständig an Information durch Datenverlust beim Kopieren, Scannen, Speichern und Archivieren, aber wir verlieren auch Wissen durch Vergessen und Verlust des Grundlagenwissens. Wie teilen wir künftigen Generationen mit, wo wir unsere Hinterlassenschaften „entsorgt“ haben (nukleare, chemischer, biologischer Abfall, Landminen, Weltraumschrott etc.)? Es zeigt sich, dass es keine allein technische Lösung hierfür gibt.

 

Die neuen Möglichkeiten einer a posteriori KI, also einer lernenden künstlichen Intelligenz, die nicht aufgrund von Logiken, sondern aufgrund von verfügbaren Daten agiert, stellen unser Wissen über das Wissen auf den Kopf. Erzeugen wir tatsächich neues Wissen durch solche lernenden Technologien? Oder erzeugen wir Information, die wir nicht mehr in Wissen umsetzen können, weil uns die kognitiven Voraussetzungen dafür fehlen?

 

Energiewende

Die Energiewende kann als ein Versuch verstanden werden, den Ressourcenverbrauch vom wirtschaftlichen Wachstum zu entkoppeln. Obwohl es den politischen Anschein hat, kam diese Wende  nicht über Nacht, sondern war langfristig angelegt. Die Triebkräfte für die Energiewende sind zwar  mangelnde Akzeptanz, die Sicherheitsfrage und die Entsorgungsfrage bei der Nutzung der Kernkraft, aber viel wichtiger sind die Aussichten auf Leadership in der Technologie der erneuerbaren Energien, des Klimaschutzes, der Entsorgung und der Organisation einer volatilen Energieversorgung (z. B. durch Smart Grids). Weiterhin treibend sind die Ziele der Ressourcenschonung (unter umstrittener Einbeziehung von Kohle und Gas als Übergangstechnologien), der Wunsch nach Autarkie und Dezentralisierung der Energieversorgung und der Effekt der sekundären Liberalisierung des Strommarktes. Das Wachstum der Nachfrage nach Energie ist zu verstehen als Wachstum der Nachfrage nach dem, was man mit Energie machen kann: Heizen, kühlen, bewegen (Mobilität), bauen (Produktion), zerstören, entsorgen, schützen etc. Man braucht Energie, um Energie zu gewinnen, und man braucht Energie, um die Folgen des Energieverbrauchs in Griff zu bekommen. Diese Spirale hat natürliche und organisatorische Grenzen, an die wir uns gewöhnen müssen. Wie groß ist unsere Veränderungsbereitschaft? Moralische Apelle, um die Nachhaltigkeit zu "privatisieren", verhallen schnell und sind wirkungslos bis kontraproduktiv.

Belohnungssysteme

Wenn man Lohn als Tausch für das Produkt aus Arbeitszeit und Arbeitskraft ansieht, dann kann etwas mit den Managergehältern nicht stimmen – oder die Gleichung stimmt nur für niedrige Löhne. Wenn aber Lohn, Gehalt und Prämien nicht alles sind – was dann? Könnte es sein, dass Anerkennung, Selbstwert und Selbstachtung wichtiger werden? Man könnte auch einmal durchspielen, wie Belohnungen in unserer Gesellschaft aussehen, wenn man den Kompensations- und Tauschgedanken aufgäbe. Die Einsicht, nicht immer erobern zu wollen, sondern zu kooperieren, wird durch Erkenntnisse aus zwei ziemlich unterschiedlichen Bereichen unterstützt: Sowohl die mathematische Spieltheorie als auch die politische Philosophie haben gezeigt, dass Kooperieren sich auf längere Sicht auf die kürzere oder längere Dauer immer lohnt. Dazu müssen wir jedoch nicht nur die Zeithorizonte unserer Belohnungssysteme verlängern, sondern auch die Abhängigkeit ganz unterschiedlicher Subsysteme voneinander reduzieren.

Wenn Politik die Wissenschaft zu usurpieren versucht, diese ihre zum Teil dann falsch verstandenen Maßstäbe in die Medien transportiert, wenn Bildung ökonomisiert wird und die Wirtschaft nur noch von technischen Innovationen prosperiert  und die Technik nur noch von finanziellen Investitionen und zweifelhaft eingeschätzten Marktchancen abhängig gemacht wird, dann läuft etwas falsch.

Individuum und Menschenbild, Technik, Wirtschaft und Gesellschaft wären daher in neuer Weise aufeinander zu beziehen. Denn unterschiedliche Anerkennungs- und Belohnungssysteme haben mit unterschiedlichen Wertorientierungen zu tun. Werte spiegeln letztlich Menschenbilder wieder. Welche Menschenbilder haben unsere Gestalter von Technik, Organisation, Politik und Ökonomie?

 

Wir wissen heute besser, dass es beim wirtschaftlichen Handlen nicht immer rational zugeht. Das Bild vom homo oeconomicus hat sich als falsch erwiesen, bestimmt aber immer noch - in erster Näherung - die WIrtschaftswissenschaften. Wir belohnen vielfach Erwartungen von Erwartungen statt Leistungen - die Enttäuschung ist dann unvermeidlich. Auf der individuellen Ebene fordert man Rationalität und hilft mit etwas Nudging nach, aber auf der Makroebene geht es weniger rational zu, da geht es um Macht, nicht um Einsicht.

Markt, Macht und Moral

Die Energiewende hat eine neue ethische Debatte ins Leben gerufen. Ebenso hat sie die Frage nach der Akzeptabilität der Maßnahmen aufgeworfen, die mit dieser Energiewende auf uns zukommen können. Wie bringen wir Vernunft, Gemeinsinn, Eigeninteressen und Moral unter einen Hut? Wie bewirtschaften wir künftig Geld, Vertrauen und Wissen? Es zeigt sich auch, dass die Wirtschaftswissenschaften mit ihren Modellen in eine Grundlagenkrise geraten sind. Die Modelle tun so, als ob sie die wirtschaftlichen Prozesse gesetzesartig beschreiben könnten. Sie stellen aber eher Regeln dar, wie die Akteure sich nach Meinung der Modellersteller verhalten sollten und üben damit einen normativen Druck auf unser Wirtschaftsleben aus. Das führt eher zu einer self-fulfilling phrophecy, aber nur geringfügig zum Verständnis von ökonomischer Prozesse.

 

Ethische Überlegungen haben in der Ökonomie seit langen eine gute Konjunktur, aber sie greifen nicht. Noch steht z. B. eine ethiktheoretische Analyse des Dieselskandals aus. Und die Coronakrise wirft weitere, recht harte ethische Fragen auf, man denke nur an das Stichwor Triage.

Fortschritt

Ist der Fortschritt wirklich so groß, wie er ausschaut? (Karl Kraus). Fortschritt wird allerorten gefordert, sei es in der Politik, Technik oder Wissenschaft, er wird kritisiert als zu langsam oder zu schnell, er wird befürchtet, herbeigeredet und verdammt. Und dies in fast allen denkbaren Bereichen, besonders aber in Wissenschaft und Technik. - Diskutiert man die Frage, was nun eigentlich Fortschritt sei oder worin er denn bestehe, dann zeigen sich sofort philosophische Fragen: Wem nützt der Fortschritt? Wer oder was befördert ihn? Ist er zwangsläufig? Wird er durch Geschichte oder das Tun der Menschen bestimmt? Wenn man Fortschritt diskutiert, diskutiert man Vergangenheit und Zukunft mit und damit die auf Erfahrungen aus der Vergangenheit resultierenden Hoffnungen und Ängste um die Zukunft.

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Büro für Kultur und Technik Aktualisiert am 30. 7. 2024